Systemische Therapie


Wie das Wort schon sagt: Die Systemische Therapie, die seit 2019 als viertes sogenanntes Richtlinienverfahren anerkannt ist, betrachtet nicht nur die individuellen psychischen Bedingungen Einzelner, sondern denkt in Systemen. Klassisches Beispiel ist hier das Familiensystem, das sowohl im Rahmen einer Familientherapie, an der mehrere Personen beteiligt sind, als auch dann relevant ist, wenn es um eine einzelne Person geht: Wir alle sind maßgeblich geprägt von unserer (Herkunfts-)Familie – und folglich können auch unsere persönlichen Herausforderungen in diesem Kontext gesehen werden.

Systemisch zu denken kann außerdem heißen, unterschiedliche Persönlichkeitsanteile, die alle zum System einer betreffenden Person gehören, zu betrachten. Für mich steckt hierin ein sehr beruhigender und versöhnlicher Aspekt: Es geht nicht um ein „Ich bin …“, sondern um ein „Ein Teil von mir ist …“.

Aufgrund ihrer deutlichen Bezogenheit auf die Gegenwart und das Verhalten der Klient*innen im Hier und Jetzt unterscheidet sich die Systemische Therapie von den aufdeckenden Therapieformen wie Psychoanalyse, Tiefenpsychologie oder auch dem hypnoanalytischen Ansatz. Der Fokus liegt nicht darauf, was in der Vergangenheit möglicherweise schiefgegangen sein könnte; statt um Probleme und Defizite geht es um Lösungen und Ressourcen.

Ein weiteres Charakteristikum systemischen Denkens, das mich in meiner Arbeit häufig leitet, ist die Idee des Konstruktivismus. Diese besagt, dass es nicht die eine Wirklichkeit gibt, sondern dass das, was wir für wirklich halten, ein Konstrukt ist, das unserer individuellen Wahrnehmung  entspringt. Und wenn dem so ist, gibt es auch nicht die eine Intervention für die eine Störung – ein Ansatz, der das Diagnostizieren und Pathologisieren in Frage stellt und die Eigenkompetenz von Klient*innen stärkt.

Apropos Diagnose: Auch als systemisch denkender Therapeut halte ich es für wichtig, anhand gängiger Diagnoseverfahren psychische Störungen erkennen zu können und zu wissen, wann welche Therapieverfahren angeraten sind - und welche nicht.